Diskussionen werden heute oft in einer Atmosphäre von Misstrauen und Geringschätzung geführt. Meist treffen zwei Gruppen aufeinander: Linke und Rechte, Experten und Laien, Alte und Junge, Gläubige und Ungläubige, Arme und Reiche. Der Ablauf ist wie folgt: Argumente werden ausgetauscht, ein Streit entwickelt sich, erst wird er sachlich geführt, dann emotional. Am Ende stehen sich beide Seiten unversöhnlich gegenüber. Niemand hat den anderen überzeugt, der Erkenntnisgewinn für den Zuschauer ist minimal.
So läuft es meistens ab, insbesondere bei den Talkshows im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Manchmal jedoch geschieht etwas Ungewöhnliches. Wir sehen einen Menschen, der sich nicht am Streit beteiligt. Der lieber zuhört, als selbst zu reden. Der nicht wie eine Stahlplatte jedes Argument an sich abprallen lässt, der seinem Gegenüber auch mal zustimmt. Manch einer wird jetzt sagen: Dieser Mensch ist schwach, er ist der Verlierer der Diskussion.
Wohlwollen - ein Zeichen der Stärke
Doch das ist ein Irrtum. Dieser Mensch ist nicht schwach, sondern wohlwollend. Er agiert aus einer Position der Stärke, der Überlegenheit und der Weisheit heraus. Wohlwollen ist weit mehr als nur Freundlichkeit oder Gutwilligkeit. Es zeugt von Reife und Erfahrung, es bedeutet, dass man eine sehr wichtige Grundregel menschlichen Verhaltens verinnerlicht hat: Was man aussendet, kehrt zu einem zurück. Anders ausgedrückt: Behandle andere Menschen so, wie du selbst behandelst werden möchtest.
Unreife Menschen wissen das vielleicht auch, aber sie handeln nicht danach. Sie sind aggressiv und intolerant, sie greifen ihre Diskussionspartner an und versuchen, den Sieg zu erringen. Aber wie reagiert der Gegner? Wird er sagen, ich habe die Schläge verdient, denn ich bin schlecht und dumm? Sicher nicht. Wahrscheinlicher ist, dass er sich verletzt fühlt und zurückschlägt. So wird für den Zuschauer nur ein billiges Spektakel erzeugt, das an seine niederen Instinkte appelliert.
Ein reifer Mensch hingegen reagiert nicht auf Provokationen. Er weiß, was hinter den Attacken steckt: Angst. Der Angreifer fühlt sich bedroht, und bevor er einen Schlag einstecken muss, schlägt er lieber selbst um sich. Am besten ist es, in dieser Situation ruhig und gelassen zu bleiben. Man sollte herausfinden, was die tiefere Ursache für dieses Verhalten ist. Angst vor Klimawandel, Corona, Überfremdung oder einer Wirtschaftskrise? Wenn das Problem offengelegt ist, sollte man nicht in Gejammer über mögliche Gefahren verfallen - "es ist hoffnungslos, wir werden alle sterben" - sondern Lösungen anbieten. Es gibt immer einen Ausweg. Die Menschheit hat bereits die schlimmsten Katastrophen überlebt: Hunger, Seuchen, Kriege, Erdbeben, Vulkanausbrüche. Immer gab es jemanden, der auf die rettende Idee gekommen ist. So wird es auch dieses Mal wieder sein.
Das alles ist Wohlwollen. Ein offenes Ohr, ein verständnisvolles Nicken und ein optimistischer Blick in die Zukunft.
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